Ein geschichtsträchtiger Tag für die Mediengruppe Attenkofer: Ihre Medienakademie auf dem Gelände des Druckzentrums am Aster Weg in Straubing ist am Donnerstag mit einem Festakt mit Ehrengästen aus Politik, Medien, Schule, öffentlichem Leben sowie vielen Mitarbeitern ihrer Bestimmung übergeben worden. Als zeitreisender Gast, der im Innenleben der Akademie digital eine tragende Rolle spielt, dabei: Clemens Attenkofer, der 1860 das Straubinger Tagblatt gegründet hat. Er hat seine Nachfolger, die Verlegerfamilie Balle (in drei Generationen präsent), für ihre Idee beglückwünscht, eine Stiftung zu gründen und damit die Akademie ohne jegliches öffentliches Geld zu realisieren. Im Vorjahr am Geburtstag des Seniorverlegers Dr. Hermann Balle, am 1. März, war der Grundstein gelegt worden, am Geburtstag des Juniorverlegers Prof. Martin Balle am Donnerstag erhielt das baulich wie inhaltlich innovative wie nachhaltige Gebäude den kirchlichen Segen.
Viel mehr als nur musikalisch umrahmt wurde der Festakt mit Lily Dahabs berührendem Gesang sowie Bene Aperdannier als einfühlsamem Begleiter am Keyboard. Es moderierte Sonja Ettengruber, die die Akademie leiten wird. Er freue sich unglaublich, bekundete Verleger Prof. Martin Balle. Das Stiftungsvermögen sei gut angelegt, für die Allgemeinheit, zur Stärkung der Demokratie, für die Stadt und die Belegschaft der Mediengruppe. Dazu rückte er in den Fokus, was ihn angesichts der aktuellen sozialen Frage, was ihn zu Krieg und Frieden und zur Digitalisierung umtreibt, was seine Überzeugung als Mensch wie als Verleger ist.

Die Reichen mehr in die Verantwortung nehmen
Wenn der Staat nicht mehr funktioniere, „darf man nicht gebrochene Existenzen im Bürgergeld verantwortlich machen“, so seine Forderung. Wenn man die Staatsfinanzen sanieren wolle, sei es absurd, zu den Armen zu gehen. Vielmehr seien die Reichen das Problem, die zu teilen verlernt hätten. Wer viel habe, könne mehr abgeben als die kleinen Leute, so seine Überzeugung.
Zum Stichwort Krieg und Frieden bekundete Balle, der Ruf nach Verteidigungsfähigkeit sei angemessener als nach Kriegstüchtigkeit. Eigentlich müsse es um Friedentüchtigkeit gehen und die immerwährende Bereitschaft zum Dialog, auch mit den vermeintlich nur Bösen. Dabei berief er sich auch auf Papst Franziskus und den Philosophen Jürgen Habermas. Er sprach sich „für eine Berufsarmee und eine gewisse Zahl Freiwilliger“ aus und geißelte die aktuelle Goldgräberstimmung in der Rüstungsindustrie.
Die Attenkofer-Akademie sei bewusst gedacht als Raum der Begegnung, der Gespräch und den Willen zu Gemeinsamkeit ermögliche, so sein Plädoyer für eine analoge Welt. Die digitale Welt habe weder Zeit noch Raum dafür.
An den anwesenden Staatsminister Florian Herrmann, Leiter der bayerischen Staatskanzlei, richtete der Verleger eindringlich den Wunsch, einer vierköpfigen iranischen Familie in Straubing die Abschiebung zu ersparen. Er verbürge sich für sie, beide Elternteile arbeiteten in der Pflege. Ihrem Anwalt sei lediglich ein Terminversäumnis passiert. Florian Herrmann beglückwünschte die Verlegerfamilie dazu, „etwas Besonderes geschaffen“ zu haben, hochmodern und pädagogisch hochwertig. Wenn es andere Menschen im Leben zu etwas gebracht haben, kauften sie sich eine Yacht oder ein Chalet. Nicht so die Balles: Sie gründeten eine Stiftung und bauten eine Akademie. Das sollte Vorbildcharakter haben, so Herrmann. Viele riefen immer gleich nach dem Staat, dabei sei in Eigeninitiative viel möglich.
Die Ausstellung, die in der Akademie gezeigt werde, berühre heute mehr, als sie vor zehn Jahren berührt hätte, ist Herrmann überzeugt. Es sei ein Déjà-vu, man sehe, Geschichte wiederhole sich: Seine Generation sei mit der Gewissheit stabiler Demokratie und stabilen Friedens aufgewachsen. Jetzt sei der Frieden gefährdet durch Aggressoren, die eine neue Weltordnung wollten. Die Akademie sei „Leuchtturm und Widerstandsnest“ gegen den Druck, der von links wie rechts auf der Demokratie laste und sich jedem sachlichen Diskurs verweigere. „Wir brauchen den Qualitätsjournalismus.“
Je zwei Schüler von Anton-Bruckner- und Ludwigsgymnasium in Straubing, Florian Fromm, Daniela Isaila, Matilda Gruber und Frederik Vuskovic, interviewten als kurzes Intermezzo den zeitreisenden Tagblatt-Gründer Clemens Attenkofer, in den sich Schauspieler Matthias Hofer verwandelt hatte.
Staatsminister Dr. Florian Herrmann
Ein wunderbares Geschenk an die Heimat
„Genial gelungen“ und „ein wunderbares Geschenk an die Heimat“ nannte Oberbürgermeister Markus Pannermayr die Akademie. Sie schaffe Räume zur Diskussion und zum kritischen Hinterfragen – wichtig in einer Zeit, in der viele ihre Meinung nur in der vermeintlich grenzenlos freien Welt sozialer Medien bildeten. Dabei sei hier ein enger Tunnel programmierter Algorithmen. Seine Sorge sei, ob die Gesellschaft beieinanderbleibe. Denn die Gefahr der Anfälligkeit für Populismus, für allzu einfache Antworten, sei groß.
Ein weiteres Intermezzo des Festakts galt Impulsen zur Zukunft der Medienbranche – von Valdo Lehari, Vizepräsident des Verbands Europäischer Zeitungsverleger (ENPA), Stefan Hilscher, Vorstandsvorsitzender des Bundesverbands Digitalpublisher und Zeitungsverleger (BDZV), und Andreas Scherer, Vorsitzender des Verbands Bayerischer Zeitungsverleger (VBZV).
Den Schlussakkord setzten Dekan Johannes Plank und Pfarrer Bernd Reuther mit der Segnung des Gebäudes und der Menschen, die hier ein- und ausgehen werden. Architekt Peter Brückner, der von einem „einzigartigen Herzensprojekt“ und einem „nachhaltigen Gefäß für Demokratie und Pressefreiheit“ sprach, überreichte Verleger Martin Balle den symbolischen Schlüssel für die Akademie. Dann wurde gefeiert und bei ersten Führungen die Akademie erkundet.






